Was hat Iran damit bewirkt?
„Frage-Antwort vom 13.01.2020“
Moderator: Guten Tag, Valeriy Viktorovich!
Valeriy Pyakin: Guten Tag!
Moderator: Guten Tag, sehr geehrte Zuschauer, Zuhörer und Gäste im Studio! Heute ist der 13. Januar 2020. Im Grunde handelt es sich um eine einzige große Frage. Es sind natürlich eine Menge Fragen eingegangen, dennoch drehen sie sich alle, auf die eine oder andere Weise, um die Ereignisse im Iran. Kommentieren sie bitte auch den Mord an Soleimani und den Abschuss der Boeing. Im Prinzip alles, was da passiert ist.
Valeriy Pyakin: Das ganze Themenspektrum, das den Iran betrifft, hat eine große Bedeutung. Manche gerieten sogar in Panik: «Jetzt stehen wir an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg». Aber diese Analytiker, die so etwas denken und auch noch aussprechen, sollte man wegen ihrer beruflichen Inkompetenz verbannen. Ein Indikator dafür, dass die Situation überhaupt nicht so kritisch war und keinesfalls in irgendwelchen kriegerischen Handlungen enden konnte, war der Besuch unseres Oberbefehlshabers und Staatsoberhauptes Wladimir Putin in Syrien, in unmittelbarer Nähe der Ereignisse. Dass sich dort alles im Rahmen eines bestimmten Spektakels abspielt und es keinen Krieg geben wird – dafür ist dieser Besuch mehr als eine klare Bestätigung.
Was den Iran betrifft… Ohne das Verständnis der fünf Arten sozialer Macht, ohne das Verständnis darüber, dass es nicht nur die Innen- und Außenpolitik gibt, sondern auch die globale Politik, ohne Wissen über die Steuerungsprioritäten, die vollständige Steuerungsfunktion und all das, was in der Konzeption Gesellschaftlicher Sicherheit und in der Hinreichend Allgemeinen Theorie der Steuerung steht, ist es unmöglich, diese Ereignisse richtig zu verstehen.
Bei all dem geht es um eine Sache: der Iran muss ein Konzentrationszentrum der Steuerung werden und in dieser Hinsicht Europa ablösen. Der eurasische Block des Globalen Prädiktors soll also in den Iran verlagert werden und der euro-atlantische nach China. Aber wenn bei China alles einigermaßen normal verläuft, so gibt es mit dem Iran erhebliche Schwierigkeiten.
Hierbei muss man eine einfache Sache verstehen. Manche denken folgendermaßen: «Russland, die USA und der Iran handeln unabhängig voneinander und werden auch weiterhin unabhängig voneinander handeln». In Wirklichkeit ist alles völlig anders. Viele Menschen denken, dass «Trump ein Händler, eine Krämerseele, aber kein Kämpfer ist» und dergleichen – aber das ist alles Quatsch. Das zeugt von absolutem Unverständnis der Steuerungsprozesse. Man muss eine einfache Sache verstehen. Ich werde mich jetzt nicht zum Thema «Staat» wiederholen – das ist alles in unserem Buch über den Staat dargelegt und wird in den Arbeiten «Krieg» und «Bolschewismus – die natürliche Grundlage Russlands» fortgesetzt. Ich gehe jetzt nur auf das ein, was offensichtlich ist, aber im Buch nicht die entsprechende Aufmerksamkeit erfuhr (wahrscheinlich wird es in die zweite Auflage einfließen): Jede Staatssteuerung und Staatspolitik basiert auf erreichten Vereinbarungen über die Möglichkeiten verschiedener klan-wirtschaftlicher Gruppierungen, wie sie das staatliche System, die staatlichen Strukturen in einem Land nutzen können, um ihre eigenen Unternehmensziele zu erreichen. Das gilt es zu verstehen.

Noch einmal: Die Politik bzw. die Steuerung eines Staates ist eine ausgehandelte Vereinbarung – ein Kräfteverhältnis – zwischen den verschiedenen klan-wirtschaftlichen Gruppierungen über die Möglichkeiten der Nutzung der staatlichen Mechanismen und Strukturen zur Erreichung ihrer eigenen Unternehmensziele. Unterschiedliche Interessen verschiedener klan-wirtschaftlicher Gruppierungen, welche in den Führungsebenen eines Landes vertreten sind, führen dazu, dass immer eine gewisse Balance und Kombination dessen hergestellt werden muss, was notwendig ist, damit jede klan-wirtschaftliche Gruppierung für das eine oder andere Steuerungsmanöver ihr Einverständnis gibt. Aber wenn die Pseudo-Politologen ein Ereignis analysieren, beginnen sie, die Handlungen des jeweiligen Politikers anhand seiner persönlichen Eigenschaften bzw. seines Verhältnisses zu anderen Politikern zu erklären («er hat das gemacht, weil…»). Ein Beispiel dafür ist ihre Bewertung der Vorgänge in den Vereinigten Staaten: «Trump ist ein Geschäftsmann und kein Kämpfer. Bolton ist ein Falke» und ähnliche Aussagen. Man muss jedoch begreifen, dass hinter jedem Politiker eine bestimmte klan-wirtschaftliche Gruppierung steht. Er vertritt ihre Ziele. Zur Zeit ist das bei Selenski in der Ukraine sehr offensichtlich. Offensichtlicher geht es nicht.
Selenski ist ein Niemand! Er ist einfach nur ein Clown, der müde geworden ist mit seinem besten Stück auf einem Klavier zu spielen. Aber genau so jemanden wollte die Bevölkerung der Ukraine ja haben. Diese Eigenschaft war ausschlaggebend, damit sie für ihn stimmen würden. Er gewann die Wahl und ist gleich in den Urlaub geflogen: «Kümmert Ihr Euch hier mal um die Staatsangelegenheiten und teilt die Staatsführung unter Euch auf».
Die Persönlichkeit einer Führungskraft, ist nur zu einem geringen Teil ausschlaggebend für ein bestimmtes Manöver. Die Persönlichkeit macht also nur eine geringe Nuance bei einem Manöver aus. Sie bestimmt aber auf keinen Fall das Ziel der Entscheidung, weswegen das Manöver durchgeführt werden soll.
Und wenn ein solches Kräfteverhältnis innerhalb der staatlichen Klan-Gruppierungen existiert, dann kann man zur jeweiligen Politik Moskaus, Washingtons und Teherans erst dann etwas sagen, wenn bereits etwas passiert ist. Wobei man nur zu dem Prozess, der sich über einen recht langen Zeitraum erstreckt, etwas sagen kann – nicht über konkrete Fakten. Wenn man jedoch irgendwelche einzelnen Handlungen und Ereignisse betrachtet, kann man nicht von einer vorweg abgestimmten Politik sprechen. Warum ist das so? Weil bestimmte zukünftige Handlungen eines Staates von verschiedenen klan-wirtschaftlichen Gruppierungen unterstützt werden können (was sich dann in der Staatspolitik äußert). Die Handlungen dieses Staates können in die eine oder andere Richtung korrigiert werden, bis hin zu einer Handlung, die der zuvor durchgeführten Politik des Staates komplett widerspricht. All das haben wir gerade innerhalb recht kurzer Zeit am Beispiel des Iran gesehen. Deswegen erläutere ich zunächst einige theoretische Fragen.
Wenn man diese Sachen nicht versteht, ist es nicht möglich, die Handlungen der Vereinigten Staaten, des Irans und anderer Länder zu verstehen. Man muss verstehen, dass die staatliche Steuerung eines JEDEN Landes (auch, wenn das Land kein Staat ist) basiert immer auf einen ausgehandelten Vereinbarung – einem Kräfteverhältnis – zwischen den verschiedenen klan-wirtschaftlichen Gruppierungen über die Möglichkeiten der Nutzung der staatlichen Mechanismen und Strukturen zur Erreichung ihrer eigenen Unternehmensziele. Anders kann es in einer Masse-Elite-Gesellschaft nicht sein. Manche sagen: «Putin muss diese Leute feuern und dafür andere ernennen!» Aber das ist leichter gesagt, als getan. Die Stabilität der Steuerung zu gewährleisten, ist eine vollkommen andere Situation, und dabei sind die Informationsprozesse sehr wichtig.
Was die Ereignisse im Iran betrifft, so wurden hier drei Aufgaben gelöst:
• Erstens – die Fortsetzung der Etablierung des Irans als Konzentrationszentrum der Steuerung globaler Prozesse. Auch wenn der Iran momentan nicht sehr erfolgreich in Allem erscheint, so wird jedoch tatsächlich dadurch eben diese Aufgabe gelöst.
• Zweitens – die Stärkung derjenigen klan-wirtschaftlichen Gruppierung im Iran, die in ihrer Tätigkeit am meisten der Aufgabe der Etablierung des Irans als Konzentrationszentrum der Steuerung der globalen Prozesse entspricht.
• Drittens – die Stärkung von Trump in seiner Konfrontation mit den Landes-”Eliten” und, als Folge davon, die Beseitigung der Rolle der Vereinigten Staaten als Weltgendarm.
Das kann man wiederum in vier Punkte aufteilen (also detaillierter betrachten). Das heißt, wir teilen den dritten Punkt in zwei Punkte auf: Die Vereinigten Staaten müssen ihre Position als Weltgendarm verlieren… Aber beginnen wir mit dem Iran.
• der Iran muss ein Konzentrationszentrum der Steuerung werden. Dazu
• muss eine bestimmte klan-wirtschaftliche Gruppierung gestärkt werden.
• Die Vereinigten Staaten müssen ihre Position als Weltgendarm verlieren. Dazu
• muss die klan-wirtschaftliche Gruppierung gestärkt werden, die mit Trump zusammenarbeitet.
Man kann die bei den Ereignissen im Iran gelösten Aufgaben auch lediglich in zwei Punkte aufteilen:
• 1. Der Iran muss ein Konzentrationszentrum der Steuerung werden (a), dafür muss die klan-wirtschaftliche Gruppierung gestärkt werden, die auf dieses Ziel hinarbeitet (b).
• 2. Die Vereinigten Staaten müssen aufhören, das Zentrum der globalen Unterdrückung, der Weltgendarm zu sein (a), dafür muss eine bestimmte klan-wirtschaftliche Gruppierung gestärkt werden (b).
Man kann es also unterschiedlich betrachten, aber im Prinzip ist es richtig, hier drei Punkte zu unterscheiden, denn die Punkte bezüglich Trump und den Vereinigten Staaten sind eigentlich ein Punkt.
Alles, was mit dem Iran passiert ist, war das Werk der Landes-”Eliten”, aber den Nutzen daraus haben die Globalisten gezogen. Die Landes-”Eliten” der Vereinigten Staaten haben versucht, diese Aufgaben so zu lösen, dass der Iran nicht zum Konzentrationszentrum der Steuerung wird und die Gruppierung, die auf dieses Ziel hinarbeitet, maximal geschwächt wird. Das wiederum würde Trumps Position schwächen und die Vereinigten Staaten könnten dadurch weiterhin Weltgendarm bleiben.
Die Landes-”Eliten” hatten damit keinen Erfolg. Sie arbeiteten und arbeiteten und fielen dann aus allen Wolken: «Wie kann denn das sein? Wir haben gearbeitet, uns angestrengt, aber als Ergebnis haben wir DAS GEGENTEIL bekommen?». Wie oft habe ich schon gesagt, dass die US-Landes-”Eliten” nicht verstehen, wie komplexe soziale Supersysteme gesteuert werden, wie Politik auf globaler Ebene durchgeführt wird und was konzeptuelle Macht auf globaler Verantwortungsebene ist. Und unsere “Eliten” begreifen das erst recht nicht und sie wollen es auch gar nicht wissen. Sie wissen überhaupt nicht, was konzeptuelle Macht ist. Die Landes-”Eliten” sollten sich niemals mit Globalisten anlegen, denn die Globalisten haben in jedem Spiel gleich vier Joker, das heißt, sie gewinnen in jedem Fall, die Frage ist nur, wie lange dieser Prozess dauern wird.
Was die Fragen betrifft, die wir heute behandeln, war es nur am Anfang spannend, als bestimmte Entscheidungen noch nicht getroffen waren und die Massenmedien bestimmte Daten noch nicht veröffentlicht hatten, die aber ohnehin offensichtlich waren, wenn man die Ereignisse vom Standpunkt der Konzeption Gesellschaftlicher Sicherheit und der Hinreichend Allgemeinen Theorie der Steuerung betrachtet (also die Methodologie der Arbeit mit Information anwendet, die in der Konzeption Gesellschaftlicher Sicherheit dargelegt ist). Alles war offensichtlich. Später erschienen in den Medien Informationen und wir mussten nur noch die verschiedenen Ereignisse registrieren und fixieren.
Es gibt noch einen Aspekt, den man auch klären sollte. Dieser Aspekt bringt zur Zeit viele ins Stocken: wie haben die Vereinigten Staaten den General Soleimani getötet? Und wie kam es dazu, dass sich der Iran plötzlich partnerschaftliche Beziehungen zu den Vereinigten Staaten hat? Das ist völlig verwirrend, obwohl eigentlich nichts Übernatürliches geschehen ist.
Betrachten wir das der Reihe nach. Warum und wie wurde Soleimani getötet? Wenn man den Mord an Soleimani aus historischer Perspektive betrachtet, dann ist dieser dem Mord an Ernesto Che Guevara ähnlich. Wieso? Ganz einfach. Ernesto Che Guevara wurde getötet und jetzt ist der Kämpfer der weltweiten Revolutionsbewegung zu einer Einkommensquelle vieler Kapitalisten geworden, die verschiedene Gegenstände und Kleidungsstücke mit seinem Abbild produzieren. Das heißt, aus Che Guevara wurde ein Markenzeichen gemacht mit dem man sogar Geld verdient, wobei man auch noch die weltweite Revolutionsbewegung voranbringt – auch ein interessanter Aspekt, nicht wahr? Aber was hat Soleimani damit zu tun? Lasst uns genauer betrachten, wie Che Guevara getötet wurde.
In Kuba trägt im Jahr 1959 die sozialistische Revolution (wie man sie jetzt nennt) den Sieg davon und Che Guevara (einer der tatkräftigen Revolutionäre) wird das erste Oberhaupt der Nationalbank Kubas. Aber er ist ein Revolutionär mit Leib und Seele, verstehen Sie? Er denkt folgendermaßen: «Zum großen Leidwesen der ganzen Bourgeoisie, werden wir die Welt in Flammen aufgehen lassen! Wir sind auf der “Granma” hergeschippert, haben den Putsch durchgeführt und nun ist alles vorbei. Jetzt ist die Zeit zum glücklich sein – wir bringen das Glück ja hierher!» Aber er hat eine simple Sache nicht verstanden (als Führer war er schwach, sehr schwach, obwohl er sofort in eine Position gesetzt wurde, die quasi eine Schlüsselposition im Staat ist), er hat nicht verstanden, dass Revolutionen im Prinzip ein evolutionärer Prozess sind (im Prinzip!) und, in der Regel, unbemerkt ablaufen. Das sieht man, zum Beispiel, an der Veränderung der Technologiesysteme: Der Technologiewandel zieht einen sozialen Umbau der Gesellschaft nach sich, weil sich das Wissen in der Gesellschaft ausbreitet und auch andere soziale Beziehungen erfordert – es entstehen neue Berufe, die alten verschwinden und die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen verändert sich stetig. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie solche Revolutionen stattfinden: mit oder ohne Aufstände. Das Ergebnis ist jedoch immer gleich: die soziale Gesellschaftsstruktur wird umgekrempelt. Wenn aber eine Revolution nicht das Ergebnis eines natürlichen Prozesses ist (den niemand bemerkt hat), dann kann sie das Ergebnis eines bewaffneten Aufmarsches sein. Aber! Was ist dafür nötig? Damit eine Revolution ERFOLGREICH ist, ist es nötig, dass bereits im Vorfeld die Bedingungen für die Funktionstüchtigkeit des neuen Steuerungssystems, welches auf neuen Prinzipien fußt, geschaffen wurden. Wenn das nicht gegeben ist, dann ist es, wie in dem Spruch: «Wenn Aufstände erfolgreich wären, wären es keine Aufstände, sondern Revolutionen». Das bedeutet, wenn die Bedingungen für die Funktionstüchtigkeit dieses Systems nicht im Vorfeld geschaffen werden, dann ist und bleibt es lediglich ein Aufstand.
Was haben die Schirmherren der globalen Revolutionsbewegung gemacht? Die haben verstanden, dass dieser junge Kerl mit dem feurigen Blick einfach alles zunichte macht und im Weg stehen wird. Aber man könnte ihn ja auf eine andere Weise nutzen, man könnte aus ihm ein Symbol des Kampfes machen. Und so wird er 1965 ausgesandt, um die Weltrevolution durchzuführen. Er reiste von hier nach dort und fand sich schlussendlich in Bolivien wieder. Nach Bolivien wird ein Sonderkommando geschickt, das ihm dort ein halbes Jahr nachjagen soll, doch sie fassen ihn bereits in der ersten Woche und bekommen sofort den Befehl: Erschießen. Und infolgedessen wurde Che Guevara zu einem globalen MARKENZEICHEN FÜR DIE REVOLUTION.

Doch es ging eigentlich um den Iran und die Ereignisse dort, aber ich spreche von etwas ganz Anderem. Denn ohne das Wissen dieser elementarsten Dinge, ist es unmöglich, einfach UNMÖGLICH die Ereignisse in und um den Iran zu verstehen. Außerdem kann ich nicht alles an Information auf das Tapet heben. Ich fürchte, dass ich einige sehr bedeutende Sachverhalte nicht betonen kann, da ich zu anderen Themen, die auch sehr bedeutsam sind, abschweifen werde. Ich versuche allerdings trotzdem einen umfassenden Überblick zu vermitteln.
Also, was verbindet Che Guevara und Soleimani? Warum starb Soleimani? Allen ist der Ausdruck «Stellung verpflichtet» bekannt. Im französischen Original – noblesse oblige, also «Adel verpflichtet». Wir meinen hier, dass «die Stellung im Steuerungssystem verpflichtet». Deshalb «Stellung verpflichtet». Wenn die Stellung nicht verpflichtet, dann kann sie zum Tod führen. Zuerst moralisch.
Also. Wenn von Soleimani gesprochen wird, dann werden dabei ausschließlich erstklassige Begriffe verwendet: «Er ist ein solcher Spezialist! Ein solcher Kämpfer! Er ist der Beste u.s.w.». Es ist unglaublich, wie sehr Soleimani im Iran vergöttert wird. Er ist ein Nationalheld, er wird in der gesamten schiitischen Welt verehrt. Und infolgedessen hat man ihn dermaßen emporgehoben, dass er sich entscheiden musste, welche Bedeutung er als Person in den Steuerungsprozessen des Staates Iran und in den Prozessen auf globaler Ebene hat. Als man ihn in diese Position gebracht hatte (tatsächlich stieg er dank seines militärischen Wissens und seiner militärischen Leistungen bei der Terrorismusbekämpfung auf), begann man auch gleich, ihn zu einem Politiker zu machen. Doch er sagte: «Nein. Ich bin nur ein Militär, ein Soldat. In der Politik kenne ich mich nicht aus». Er musste sich entscheiden: wenn du ein Soldat bist und dich in der Politik nicht zurechtfindest, dann sollte dein Name in politischen Prozessen keine Erwähnung finden. «Aber wie kann das sein? Sie loben und verehren mich doch». Allgemein ist die östliche Verehrungstradition sehr gefährlich, vor allem vor diesem Hintergrund. Deshalb wollte er selbst möglicherweise gar nicht daran beteiligt sein (obwohl seine Tätigkeit so oder so politisch war), aber man hatte bereits damit begonnen, ihn «daran zu beteiligen», man hatte bereits damit begonnen, ihn als Marionette in politischen Spielchen zu gebrauchen. Infolgedessen wurde er für die globalen Spielführer überflüssig (für diejenigen, die aus dem Iran ein Konzentrationszentrum der Steuerung globaler Prozesse machen) und er musste aus dem Weg geschafft werden. Aber wie? Er muss so eliminiert werden, dass er zu einem Symbol für den Kampf gegen die Amerikaner wird.
Warum wurde gerade Soleimani als Symbol für den Kampf gegen die Amerikaner ausgewählt? Weil seine Haupttätigkeit in der Befreiung der islamischen Welt vom IS und von den Amerikanern in Syrien und im Irak lag. Das heißt, er agierte konkret hinter den Grenzen des Irans und hatte damit bereits eine internationale Bedeutung inne. Er hätte sich diesbezüglich bereits vorsehen müssen, aber er dachte immer noch, dass Politik etwas ist, das in weiter Ferne liegt: «Ja, ich bringe hier und da meine Unzufriedenheit zum Ausdruck und meine Unterstützung ein. Aber an Politik beteilige ich mich nicht». Wie soll das gehen? Du hast einen Prozess gefördert und einen anderen unterdrückt. An deiner Meinung orientiert sich die Masse, die von anderen Leuten mobilisiert werden, welche wiederum deinen Worten eine gewisse Bedeutung beimessen. Und dementsprechend musste er aus dem Weg geschafft werden. Man musste also einen Märtyrer aus ihm machen und ihn damit zum Symbol machen – also das Markenzeichen der islamischen Revolution.
Aber wie soll man ihn eliminieren? Die Ereignisse, die in Syrien ablaufen, führen, dank der Einmischung Russlands und der dortigen Unterdrückung der terroristischen Bewegung, dazu, dass die Region nach und nach zur Ruhe kommt. Die Türkei, die in verschiedene Prozesse eingebunden ist, hat im Allgemeinen verstanden, dass ein Spiel gegen Russland ihr teuer zu stehen kommen würde. Deshalb muss sie in Syrien den Weg frei machen. Doch die Türkei war ja auf der Seite der Terroristen, auf der Seite des IS. Sie hat diese dahingehend unterstützt, dass sie gegen die gesetzliche syrische Regierung kämpften. Die Probleme des IS wird die Türkei nicht auf sich nehmen und das will sie auch gar nicht – die Türkei hat mit den Kurden Probleme genug. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass diese IS-Leute irgendwohin umstationiert werden müssen. Und hier kommt die Türkei zu einem guten Entschluss: «Wir müssen um das mediterrane Öl- und Gasfeld kämpfen. Deshalb sind wir ja in Libyen einmarschiert und haben das Terrorregime der nationalen Befreiung unterstützt».
Erdogan hat eine einfache Sache nicht verstanden – der Westen führt ihn an der Nase herum. Der Westen braucht einen Affen, der eine bestimmte Rolle spielt, um Steuerungsaufgaben in einer bestimmten Region durchzuführen, zum Beispiel in Libyen. Nach dem Sturz Gaddafis musste in Libyen eine prinzipielle Frage geklärt werden: WEM werden die Kosten dafür aufgebürdet. Europa hat sich aus Libyen zurückgezogen. Die Türkei hat begonnen, sich in Libyen zu engagieren – sie sind wirklich sehr scharf auf die Gasvorkommen um Zypern herum. Die Türkei hat sich also in Libyen engagiert und man hat sie gewähren lassen: «Nur zu, macht nur, engagiert Euch!»
Und dann begann Haftar seine Offensive – eine wirkliche Volksbefreiungsbewegung zur Wiederherstellung des libyschen Staates. Aber die Türkei hatte sich schon mit der libyschen Marionetten-Regierung verbündet – der Regierung der nationalen Verständigung. Da hat die Türkei folgenden Plan: «Wir müssen irgendetwas mit den IS-Truppen aus Syrien anfangen, und wir haben nicht genügend Kräfte, um in Libyen zu kämpfen». So nehmen sie die IS-Terroristen aus Syrien, setzen sie in ein Flugzeug und verlegen sie nach Libyen. Aber ohne schwere Waffen und ohne Technik, also faktisch zum Abschlachten (wann und wie das dort geschieht – ist eine andere Frage). Nach den vorliegenden Informationen, die durch «Flightradar24» bestätigt wurden (bezüglich des Iran ist das übrigens eine einzigartige Informationsquelle), hat die Türkei am 30. und 31. Dezember 2019 nach durchschnittlicher Schätzung ca. dreieinhalb Tausend Kämpfer per Flugzeug aus Syrien nach Libyen verlegt. Am 2. Januar beschließt die Türkei dann, eine Armee nach Libyen zu entsenden – denn die zum Abschlachten nach Libyen verlegten Kämpfer benötigen ja eine Kommandostruktur; man wird das Agieren der Türkei früher oder später bemerken. Aber am 5. Januar starteten Haftars Truppen drei mächtige Angriffe: auf eine Militärschule, auf eine Kolonne dieser verlegten Terroristen und auf einen Flughafen, auf dem türkische Militärs stationiert waren; unter anderem wurden von dort Drohnen gesteuert. An dem Tag wurden die Türken stark dezimiert. Und am 7. Januar kamen dann die türkischen Offiziere in Libyen an, die die schon in Libyen befindlichen türkischen Truppen unterstützen sollten, die nun aber schon ernsthaft reduziert waren. Damit waren die neu angekommenen Kräfte nun nicht mehr nur eine Unterstützung, es waren einfach zu wenige.
Und was passierte dann? Erdogan läuft zu Putin und sagt: «Wladimir Wladimirowitsch, ich bin verloren! Mach irgendetwas». Und Wladimir Wladimirowitsch sagt natürlich: «Alle beide nach Moskau! Wir besprechen das im “2+2-Format”». Das bedeutet, wir haben nun auch dort komplett die Steuerung übernommen, und Erdogan hat, wie immer, das Nachsehen.
Aber das ist nicht das Wesentliche. Die Türkei verliert ihren Einfluss in der Region, das ist offensichtlich. Sie hat mit Libyen ein Problem: sie wird für den Konflikt verantwortlich gemacht…
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